08.03.24 Hand in Hand in Haar unterwegs: Besuch im Psychiatrie-Museum und Führung über das Klinikgelände
Am Freitag 8. März um 15 Uhr, bei Sonnenschein, erwartete uns eine Mitarbeiterin des Psychiatrie-Museums am Verwaltungsgebäude des kbo-Isar-Amper-Klinikums → Haar. Dieses beeindruckende Gebäude wurde bereits bei der Planung der 1905 gegründeten Heil- und Pflegeanstalt Eglfing für die Verwaltung erbaut.
Erst besuchten wir das Mahnmal für die mehr als 2.000 Menschen, die während der NS-Diktatur aus Haar deportiert und ermordet wurden. Beim Rundgang über das Gelände bekamen wir umfassend erklärt, wie das Klinikum weiterentwickelt worden ist. Von den vielen, einzelnen Häusern in schönem Jugendstil, die bewusst in freundlich dörflichem Charakter gebaut worden waren, über die Erweiterung auf das Gelände „Haar II“ (das 1975 wieder verkauft wurde), zu den neuen Gebäuden in einem ganz anderen Stil, um die Neurologie, den Stroke-Unit, die Radiologie, die Tagesklinik u.v.m aufzunehmen. Heute ist das Klinikum ein Krankenhaus für neurologische Leiden. Bis zum Gebäude der Forensik kamen wir. Leider war unerwartet die Tür zur schönen Kirche St. Raphael verschlossen.
Danach, im Museum, war das Thema die Entwicklung der Psychiatrie im Allgemeinen. Lange, lange Jahre war es eher eine Aufbewahrungs- als eine Heilanstalt. Die „Pfleger“ durften nicht mit den Patienten sprechen. Erst in den 60-er und 70-er Jahren wurden Veränderungen angestoßen. Neue Therapieansätze forderten geänderte Strukturen (daher der Verkauf von Haar II). Wir standen lange im Eingangsbereich und teilten unser Wissen miteinander, ehe wir die Museumsräume betraten.
In der NS-Zeit war die Heil- und Pflegeanstalt ein zentraler Ort für Zwangssterilisationen und gezielte Tötungen. Rund 4000 Menschen wurden in der Zeit in Eglfing-Haar ermordet oder in Tötungsanstalten deportiert. Als das zu auffällig wurde, ging man dazu über, Menschen mit eiweiß- und fettloser Hungerkost – zum Beispiel eine Kartoffel oder ein wenig Blaukraut zum Mittagessen – verhungern zu lassen.
Besonders berührend waren die Schilderungen über die Kinder in der Klinik. Kleine Zwangsjacken, Gitterbettchen, medizinische Exponate, Fotos und Berichte belegen deren Schicksal. Dazu kamen Berichte der Eltern, die ihr Kind in der Heil- und Pflegeanstalt gut aufgehoben glaubten und dann eine Nachricht bekamen, dass ihr Kind plötzlich an einer Lungenentzündung erkrankt wäre, und sie schnell kommen sollten. Diese Nachrichten wurden jedoch systematisch so spät abgeschickt, dass die Eltern fassungslos vor dem bereits verstorbenen Kind standen. Tatsächlich waren die Kinder vergiftet worden.
Nach zwei sehr informativen und auch berührenden Stunden verabschiedeten wir uns. Das Museum ist mehr als einen Besuch wert. Es ist jeden 2. Und 4. Sonntag von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Danach kann ein Spaziergang über das schöne Gelände helfen, den Kopf wieder frei zu bekommen.
Text + Fotos: Inger Lise Nielsen, Kirsten Althof